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Das Office im Umbruch

29. November 2022

Groß oder klein, vor Ort oder flexibel, einzeln oder im Team: Die neue Arbeitswelt hat eine Menge Aufgaben zu lösen und stellt sich auf einen stark veränderten Blickwinkel der Menschen auf deren Arbeitsweise und Arbeitsort um. Für Unternehmen, aber auch Architekten und Planer bedeutet das ein großes Umdenken und mehr Flexibilität. Wir haben Simone Bücksteeg, Innenarchitektin und Teilbereichsverantwortliche von New Work. User-Centric Consulting & Design von Drees & Sommer zum Interview gebeten, die sich eingehend mit dieser Thematik befasst hat.

 

Von Barbara Jahn 

 


Innenarchitektin Simone Bücksteeg. 
Foto: © AKH Kirsten Bucher

 

Frau Bücksteeg, Sie sind seit knapp neun Jahren bei Drees & Sommer - eine lange Zeit. Was erfüllt Sie in Ihrem Job?


Die Zusammenarbeit mit den Kolleg*innen und die Vielseitigkeit meiner Aufgaben Spannung und gemeinsames Entdecken: Nichts wird aus der Schublade gezogen. Es ist jedes Mal eine Reise, bei der man den spezifischen Kunden mit seinen individuellen Anforderungen und kulturellen Eigenschaften begleitet, und jedes Mal wird wieder eine individuelle Lösung erschaffen. Teil des kreativen Prozesses zu sein - von der Visionsfindung, Konzept, Funktion und Design bis zur Umsetzung –, New Work Spaces passgenau zu entwickeln und die Bedürfnisse des Nutzers widerzuspiegeln ist eine Grundhaltung, für die ich brenne. Es fasziniert mich, den Trendwandel mitzuerleben und eine Chance mitzutreiben: Bei Dreso wollen wir nachhaltig gestalten, und ich hatte die Möglichkeit, schon an vielen Projekten mitzuwirken, in denen dem Nutzer durch ein zukunftsweisendes Konzept Mehrwert gestiftet werden konnte – das ist erfüllend, bereichernd und wertvoll.

 

Sind Sie persönlich lieber im Homeoffice oder an Ihrem Arbeitsplatz im Büro? 


Ich nutze viele verschiedene Arbeitsorte - ich habe nicht den einen Lieblingsort. Nicht alles funktioniert gleich gut an einer Stelle. Daher ist meine Arbeitswoche und -alltag geprägt vom Wechsel und Flexibilität. Ich liebe die Vielfalt und Wahlfreiheit, mir je nach Anlass den geeignetsten Arbeitsort zu wählen und meinen Arbeitsalltag bedarfsgerecht zu gestalten. An Tagen, an denen ich absehbar viel telefoniere, Mails bearbeite oder Präsentationen vorbereite, nutze ich gerne den Rückzug, die Ruhe und Konzentration im „Homeoffice“. Dort kann ich mich voll und ganz fokussieren. Allerdings nach wenigen Tagen muss ich wieder raus, dann brauch wieder im wahrsten Sinne einen Tapetenwechsel. Das Büro nutze ich vor allem, um in den persönlichen Kontakt mit den Kolleg*innen zu treten, informellen Austausch zu haben und auch Termine wahrzunehmen - zwischendrin dann auch wieder Rückzug und Fokus oder Regenration, dann wieder spontaner Kontakt, Plausch und Lachen bei gemeinsamen Kaffee oder Mittagessen.

 


Quelle: © Drees & Sommer

 

Drees & Sommer hat jüngst den spannenden Workspace Benchmark Report 2022 veröffentlicht. Welche Essenz können Innenarchitekten, Entwickler, Interiordesigner für sich daraus ziehen?


Sie müssen nicht Angst haben, keine Arbeit mehr zu haben - im Gegenteil. Der Report zeigt, das Büro hat sein Monopol verloren und ist doch wichtiger denn je. Die Auslastung gegenüber 2021 ist wieder gestiegen. Büros sind also nicht ausgestorben, sondern wollen anders genutzt werden – vor allem für Kontakt. Die Hauptgründe, um ins Büro zu kommen sind 1. direkte Kommunikation mit Kunden und Kollegen, 2. formelle, 3. informelle, spontane Besprechung sowie 4. Gruppenarbeit. Dementsprechend braucht es auch die Flächenvielfalt, um diesen Ansprüchen gerecht zu werden. Die Top 3 relevantesten Flächenangebote sind Orte für Teamarbeit, informellen Austausch, wie Cafés, Aufenthaltsorte an Verkehrswegen und Orte für Telefonate und intensive Kurzabstimmung. Auf Platz 4 folgen Orte für konzentrierte Einzelarbeit und erst ab Platz 5 kommen die traditionellen Schreibtischflächen. Aber auch das Thema Wellbeing wird relevant. So braucht es im Büro auch Orte für Erholung. Das Büro wird also vielfältig und sollte den Kontakt fördern. Deutschlands Büros sind im Wandel, denn der Bedarf wird neu definiert. Es gibt viel aufzuarbeiten, denn die Unternehmen haben sich auf die New Work-Reise begeben.  87 Prozent halten eine New Work-Strategie für ihr Unternehmen für äußerst relevant.  Eine passende New Work Strategie setzten bereits 43 Prozent um und 33 Prozent arbeiten sie aktuell aus. Das Thema ist also in den Köpfen angekommen, und es kommt zum Wandel in der Arbeits- und Lebenswelt.

 


Quelle: © Drees & Sommer

 

Ist Raum für das Arbeiten Ihrer Meinung nach überhaupt noch planbar?


Unbedingt! Wir planen Flexibilität! New Work Spaces sollten Veränderungen Rechnung tragen können, anpassungsfähig und somit flexibel sein. Mit einer intelligenten Raumplanung können langfristig Ressourcen eingespart werden, dabei kommt es nicht mehr auf die Größe der Fläche an, sondern auf deren Qualität. Dabei können wir als Benchmark einen branchenübergreifenden Durchschnittswert im Desksharing von 1,4 aufzeigen. Das bedeutet 140 Mitarbeitende teilen sich 100 Schreibtische. Außerdem richtet sich die Raumplanung konkret an den Bedarfen der Menschen aus. Analysen von den Tätigkeitsprofilen zeigen die spezifischen Nutzerbedarfe auf. Die Flexibilität der modularen Bauweise ermöglicht auf Unternehmensveränderungen einzugehen und das Sharing-Prinzip innerhalb der Büros macht die Flächen für unterschiedliche Mitarbeiterzahlen attraktiv. Für eine nachhaltige Nutzung von neuen modernen Bürokonzepten braucht es auch die Hinführung und Begleitung in diese Veränderung. Daher ist neben dem Raumprogramm, Hardware und Software auch das Thema Soulware relevant - die beste Planung scheitert, wenn die Nutzer nicht mitgenommen werden indem sie informiert, begeistert und befähigt werden. Das ist unser ganzheitlicher Ansatz, New Work Places zu konzipieren, planen, umzusetzen sowie nachhaltig nutzbar zu machen.

 


Quelle: © Drees & Sommer

 

Nach zwei Jahren des „Hin- und Hers“ versucht die Arbeitswelt (auch in der Einrichtung) wieder in ruhigere Bahnen zu kommen, auch wenn diese nicht mehr die gleichen sind wie zuvor. Wie wird sich diese neue Arbeitswelt Ihrer Meinung nach definieren?

 

Es gibt kein Zurück mehr. Individuelle, also unternehmensspezifische Bedürfnisse können variieren, aber wer heute ein attraktiver Arbeitgeber sein will, kommt am Wandel der Arbeitswelt nicht vorbei. Auch hier gibt uns der Benchmarkreport Aufschluss: 93 Prozent gehen davon aus, dass mobiles Arbeiten ein fester Bestandteil bleiben wird.

 

Was wird sich – glauben Sie – vermutlich durchsetzen?

 

Hybride Arbeitswelten, ein unternehmensspezifischer Mix aus Homeoffice/Mobile Office (HO), Third Places und Büro. Die Verschiebung ins HO hat umso deutlicher gezeigt, was wir am Büro haben. Aus den extremen zwischen 100 Prozent Büro und 100 Prozent HO wird sich eine dauerhafte Mischung von den unterschiedlichen Arbeitsorten etablieren, die die Vorteile der Welten kombiniert und deren Nachteile jeweils durch die anderen oder das andere ausgleicht.

 


Foto: © Marcus Maier, Kamil Krzesniak (Sevencity OHG)

 

Arbeitgeber müssen sich jetzt viel einfallen lassen, um den Arbeitsplatz so attraktiv zu gestalten, um die Mitarbeiter aus dem Homeoffice (HO) ins Office zu locken. Wie kann das gelingen?

 

Das gelingt durch Angebote, die das HO oder Mobile Office eben nicht bieten kann - sowohl räumlich als auch sozial. Das Büro muss, um attraktiv zu sein, alles können was das HO kann und noch mehr. Es ist der Ort der Vielfältigkeit, der verschiedenste Dinge ermöglicht – Begegnung, Zusammenarbeit, konzentrierte Arbeit, Erholung, Zufall, aber auch Inspiration und Identifikation mit meiner Arbeit, mit meinem Team und meinem Unternehmen. Zu Hause kann ich im optimalen Fall konzentriert arbeiten, im Büro, durch die Umgebung und den Kontakt zu anderen erlebe ich den Bezug zum Unternehmen und meiner Tätigkeit. Und durch Freiwilligkeit. Der Benchmark zeigt: Wer uneingeschränkt mobil arbeiten darf, geht auch gerne ins Büro. Denn es macht keinen Unterschied, ob der Arbeitgeber drei oder fünf Tage mobile Arbeit genehmigt, die Mitarbeiter kommen auch bei fünf möglichen Homeofficetagen dennoch gerne zwei Tage ins Büro - mit dem bedeutenden Unterschied, dass sie Wahlfreiheit haben. Aber auch die sozialen Angebote braucht es. Eine Kultur und ein Mindset, die ins Büro einladen. Neue, vielfältig flexible Räume können ihre Wirkung nicht entfalten, wenn sich die Haltung und Verhaltensweisen nicht anpassen, das beginnt beim Sharing-Gedanken und reicht hin bis zum gegenseitigen Vertrauen. Wenn Räume für spontane Begegnung und interdisziplinären Austausch zur Verfügung stehen und sich dann keiner traut mit seinem Kaffee dort gesehen zu werden, verpufft der Ansatz. Menschen kommen ins Büro um Menschen zu treffen.

 

Es ist spürbar, dass Menschen grundsätzlich mehr hinterfragen und bewusster entscheiden, überzeugt werden wollen und sich mehr Zeit lassen. Könnten so genannte „Gesunde Materialien“ hier das berühmte Zünglein an der Waage sein, sich für einen Arbeitsplatz zu entscheiden?

 

Die Themen Nachhaltigkeit, Health & Wellbeing steigen immer mehr ins Bewusstsein. So ist es für uns selbstverständlich, nachhaltig die Funktionen und Emotionen der Nutzer/der Nutzerin zu berücksichtigen, ein Gebäude nachhaltig in der Planung und Gestaltung, in der Verwendung von gesunden Materialien, anzulegen oder zu verändern – auch hier steht der Fokus den Bestand zu nutzen. Der überlegte Einsatz von gesunden, nachhaltigen Materialen oder nachhaltiger Verwendung, auch nachhaltiger Wiederverwendung und der möglichen Rückführung in Materialkreisläufe, C2C, sind uns wichtig.

 


Foto: © Peter Neusser

 

Glauben Sie, dass ökologisches Planen und Nachhaltigkeit bei Architektur und Ausstattung sich für zukünftige Projekte fest verankern lassen wird oder weiterhin ein sympathisches Asset bleiben wir, nach dem Motto „Wer will, der kann, muss aber nicht.“?

 

Wir von Dreso sind fest überzeugt, dass es möglich ist und gehen mit gutem Beispiel voran, um Kunden gegenüber positive Machbarkeiten aufzuzeigen und mit unseren Erfahrungen zu beraten. Das zeigt sich in unserem Motto „The blue way“. Das Bewusstsein der Menschen hat sich gewandelt und gerade auch die junge Generationen fordert die Haltung nach „reuse – reduce – recycle“ richtiger Weise ein. Auf diese „Haltungsreise“ alle Mitarbeiter*innen mitzunehmen, gehen wir ein. Das Bewusstsein in der Gesellschaft steigt und daher auch das Hinterfragen der Arbeitnehmer. Nachhaltigkeit wird ein immer unverzichtbareres Attribut, mit dem sich die gesamte Immobilien- und Baubranche auseinandersetzt. Erst kürzlich haben wir auf unserem Kongress „Design the Future“, unternehmens- und branchenübergreifend und in Dialog mit der Politik und Wissenschaft den Schulterschluss angeregt, gemeinsam das Thema weiterzutreiben.

 

Der Weg entsteht bekanntlich beim Gehen. Wie viel „Zukunft“ / „New Work Philosophie“ steckt bereits in Ihrem eigenen Arbeitsplatz?

 

Wir haben bei uns, Drees & Sommer, schon lange agile Arbeitswelten mit Wahlmöglichkeiten unterschiedlichster Arbeitsorte umgesetzt. Mit unserem Umzug des Standorts Frankfurt auf die Hanauer Landstraße 123, jetzt im Dezember, werden wir ein weiteres „Next Level of Work“ erreichen. 

 


Foto: © Marcus Maier, Kamil Krzesniak (Sevencity OHG)

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