28. Mai 2024
Die Küste ist eine der anspruchsvollsten Umgebungen für Fassaden. Wind, Salz, Sand usw. setzen den Gebäuden Tag für Tag zu, so dass eine besondere Aufmerksamkeit für die Außenhülle alles andere als ein Luxus ist. Wie man effizient und kreativ mit solchen Problemen umgeht, zeigt sich besonders gut am brandneuen Veranstaltungsgebäude in Middelkerke, das erst im März dieses Jahres fertiggestellt wurde. Silt liegt nämlich buchstäblich am Strand und bildet mit seinem ovalen Hotelturm einen neuen Blickfang an der belgischen Küste.
Der ungewöhnliche Entwurf stammt vom Amsterdamer Architekturbüro ZJA und den Landschaftsarchitekten von DELVA in Zusammenarbeit mit OZ und Bureau Bouwtechniek sowie einer Reihe von Experten, die gemeinsam das Bouwteam Nautilus bilden. Sie argumentieren, dass das vom Bauherrn – die Gemeinde Middelkerke – in Auftrag gegebene Gebäude verschiedene Funktionen im Hinblick auf die Stärkung der Küste, die Lebensqualität und die Nachhaltigkeit erfüllt und dass es darauf abzielt, Middelkerke auf zeitgenössische Weise ein Stück der verschwundenen historischen Küstenlandschaft zurückzugeben. Im Mittelpunkt steht der Hotelturm, der durch ein Kasino, ein Restaurant, einen multifunktionalen Veranstaltungssaal und eine Tiefgarage komplettiert wird. Ziel des Komplexes ist es, die Energieversorgung, die Abfallbehandlung und die Produktionsprozesse zu optimieren. Aufgrund seiner ovalen Form hat das Gebäude eine komplexe Geometrie, die von ZJA parametrisch entworfen wurde.
Das Bauwerk Silt wird buchstäblich „an den Strand gepflanzt“ und bildet so einen neuen Blickfang an der Küste.
Wir sprachen mit dem verantwortlichen Projektarchitekten von ZJA, Leo ten Wolde, über das Konzept der Fassade. ten Wolde war bereits in der Ausschreibungsphase an diesem Projekt beteiligt und hat es bis zur Fertigstellung begleitet. Auch heute noch ist er hin und wieder in Middelkerke anzutreffen, zum Beispiel bei Führungen.
Über Materialien nachdenken
Der Architekt berichtete zunächst, dass man sich bei der Planung in Absprache mit der Gemeinde Middelkerke bereits in der Ausschreibungsphase sehr genau überlegt habe, welche Materialien für die Fassade verwendet werden sollten. Diese mussten vor allem robust sein, um den anspruchsvollen klimatischen Bedingungen standhalten zu können. Die Wahl fiel schließlich auf Keramik, Accoya-Holz und eloxiertes Aluminium.
An der belgischen Küste, wo der Westwind fast ständig weht, müssen ganz besondere Anforderungen erfüllt werden.
Leo ten Wolde: „In Belgien gibt es kaum spezifischere Anforderungen als einen Standort an der Küste, insbesondere mit dem fast konstanten Westwind. Das erste, worüber wir nachdenken mussten, war die Formgebung, insbesondere für das große Vordach. Welches Material eignet sich dafür am besten? Im Landesinneren könnte man sich für Aluminiumkassetten entscheiden, aber diese Möglichkeit mussten wir schnell wieder verwerfen. Eine Zeit lang dachten wir auch an faserverstärkten Beton, aber das war wegen der Form zu kompliziert. Schließlich haben wir uns für Keramik entschieden, weil wir wissen, dass dieses Material auch unter schwierigen Bedingungen gut funktioniert. An der Küste hat es sich schon unzählige Male bewährt, auch im Flachbau.“
Für die Fassade wurde nachhaltiges Accoya-Holz verwendet.
„Wir wollten unbedingt Holz für die Fassade verwenden. Auch das ist an diesem Standort keine leichte Aufgabe, und so haben wir uns schließlich für Accoya entschieden. Dabei handelt es sich um acetyliertes Weichholz, das in einem ungiftigen chemischen Verfahren mit Essigsäureanhydrid konserviert wird. Dadurch erhält das Holz ähnliche Eigenschaften wie (tropische) Harthölzer. Accoya-Holz altert außerdem sehr gut und benötigt im Laufe der Jahre nur wenig Pflege. Für die vielen Glasflächen des Gebäudes erwies sich eloxiertes Aluminium als die beste Wahl, wobei die Glasrahmen mit Klapprahmen und Paneelen aus Aluminium versehen wurden.
Ovales Hochhaus
Bereits erwähnt wurde die besondere Form des Gebäudes. Silt sticht durch seine ovale Form in einer Umgebung hervor, in der in Reih und Glied angeordnete, bis zu zehn Stockwerke hohe Wohnhäuser den Ton angeben. Die Wahl der ovalen Form wurde durch eine Reihe von Faktoren bestimmt.
Leo ten Wolde: „Der ovale Hotelturm ist zwar ein Wahrzeichen, aber man darf nicht vergessen, dass er nur etwa zehn Prozent des Gesamtprojekts ausmacht. Der größte Teil ist unterirdisch und es gibt eigentlich nur ein Erdgeschoss. In unserem Konzept wollten wir das Gebäude nicht zu groß machen, denn das hätte den Platz und seine Verbindung zum Meer blockiert. Also haben wir uns so tief wie möglich mit einer -1- und einer 0-Ebene in den Boden gegraben, ergänzt durch eine zusätzliche Parkebene. Das Schöne daran ist, dass man über den größten Teil des Gebäudes einfach hinweggehen kann.
Das Gebäude hat sehr viel Glasflächen. Hierfür erwies sich eloxiertes Aluminium als die beste Wahl.
„Für den Hotelturm haben wir uns aus mehreren Gründen für eine ovale Form entschieden. So haben Gespräche mit einem Windexperten ergeben, dass an der belgischen Küste meist Westwind weht. Große, eckige Türme sind in diesem Fall nicht zu empfehlen, da sie den Wind ablenken und möglicherweise Böen auf dem Platz vor dem Komplex verursachen. Es gab auch einen praktischen Aspekt: Im Fall des vorspringenden Teils ist mehr Rundung von Vorteil für die Sicht der Anwohner auf das Meer. So können sie einfach an dem Gebäude vorbeischauen. Was die Ästhetik betrifft, so wollten wir mit dem sehr strengen Bild brechen, das die meisten belgischen Küstengebiete prägt. Da es sich vor allem um ein Veranstaltungsgebäude handelt, waren wir froh, zu einer natürlicheren Form zurückzukehren, die es der Gemeinde und der Umgebung ermöglicht, eine stärkere Botschaft zu vermitteln.“
Technisches Datenblatt:
Das Bauteam Nautilus ist eine niederländisch-belgische Zusammenarbeit zwischen: Hauptplaner ZJA (Architekt) und DELVA (Landschaftsarchitekt) in Zusammenarbeit mit OZ (Kasino- und Hoteldesign) und Bureau Bouwtechniek (ausführender Architekt)
Bauträger: Debuild
Berater: COBE, VK Engineering, Beersnielsen, Witteveen+Bos, Plantec, MINT und Sertius
Bauunternehmer: TM Furnibo-Democo
Eröffnung: März 2024
Alle Bilder © Stefan Steenkiste en Sebastian van Damme
Dieser Artikel ist eine übersetzte Bearbeitung des Textes des Originalautors,
Jan Hoffman