Messe Stuttgart, 12 & 13. November 2025

A@W Newsletter

Was wir haben klüger nutzen

27. August 2024

Angesichts des drohenden Klimawandels steht die Architektur vor Herausforderungen, die innovative Lösungen und die Übernahme von Verantwortung für die zukünftige Leistungsfähigkeit von Gebäuden erfordern. Mit einem Anteil von etwa 38 Prozent an den weltweiten Kohlenstoffemissionen steht die Bauindustrie vor einem radikalen Wandel. Die Umsetzung nachhaltiger Praktiken ist nicht mehr nur eine Option, sondern eine absolute Notwendigkeit. Gebäudefassaden, die nicht nur ein architektonisches Schmuckstück, sondern auch ein Schlüsselelement für die Energieeffizienz sind, spielen bei diesem Wandel eine zentrale Rolle. Die richtige Fassadengestaltung kann den Bedarf an künstlicher Beleuchtung und Heizung erheblich reduzieren, was folglich zu einem geringeren Energieverbrauch und einem niedrigeren CO2-Fußabdruck führt. Es ist zu erwarten, dass sich Fassaden in den kommenden Jahren in Richtung einer noch stärkeren Integration von Natur und Technologie entwickeln werden.

 

 

Grüne Fassaden, die sich bereits zunehmender Beliebtheit erfreuen, verbessern nicht nur die Luftqualität, sondern wirken auch als natürliche Dämmstoffe.  Technologische Innovationen wie intelligentes Glas oder Photovoltaik-Fassadenpaneele werden ebenfalls an Bedeutung gewinnen, da sie Gebäude in die Lage versetzen, ihre eigene Energie zu erzeugen. Der Weg zur CO2-Neutralität im Bausektor ist nicht mehr nur eine Frage des Überlebens unseres Planeten, sondern auch eine wirtschaftliche Notwendigkeit. Die Einführung von Lösungen, die die Umweltauswirkungen von Gebäuden minimieren, wird weltweit zu einem wichtigen Bestandteil der Nachhaltigkeitsstrategien von Städten und Unternehmen. Verantwortungsbewusstes Bauen reduziert nicht nur den Ausstoß schädlicher Gase, sondern trägt auch zur Senkung der Betriebs- und Instandhaltungskosten bei. In Zukunft werden Fassaden nicht nur schützen und dämmen, sondern aktiv zur Gestaltung unserer Umwelt beitragen und zu einem dynamischen Element werden, das auf sich ändernde äußere Bedingungen und Nutzerbedürfnisse reagiert. Der Ziegel kann eine wichtige Rolle beim nachhaltigen Bauen spielen, da er über Eigenschaften verfügt, die sich trotz einiger Herausforderungen im ökologischen Kontext als wertvoll erweisen können. Seine Langlebigkeit, seine Recyclingfähigkeit und seine natürlichen Dämmeigenschaften bedeuten, dass der Ziegel, wenn er richtig eingesetzt und mit modernen Methoden hergestellt wird, um seinen Kohlenstoff-Fußabdruck zu minimieren, zum Bau nachhaltigerer Räume beitragen kann. Dies erfordert jedoch eine bewusste Herangehensweise an den gesamten Lebenszyklus des Materials, von der Rohstoffgewinnung über die Produktion bis hin zur Nutzung und dem eventuellen Rückbau.

 


Haus Rudy, © Juliusz Sokołowski, projekt TOPROJEKT

 


Haus Rudy, © Juliusz Sokołowski, projekt TOPROJEKT


Beim Projekt Ore House in Ore, entworfen von TOPROJEKT, spielte der Ziegel eine Schlüsselrolle. Die Wände des Gebäudes wurden aus handverlesenen Ziegelabfällen lokaler Ziegeleien errichtet. Für die Fassadengestaltung verwendeten die Architekten einen ungewöhnlichen kreuzförmigen Ziegelverband. Dabei werden zwei nebeneinanderliegende Ziegel senkrecht übereinander gestapelt - einer nach außen, der andere in der Wand zurückversetzt. Auf diese Weise entstand eine schlichte und zugleich dekorative Fassade, die ein interessantes Licht- und Schattenspiel erzeugt. Durch das Entfernen von Ziegelpaaren an einigen Stellen entstanden auch durchbrochene Wandabschnitte. Diese verdecken auf subtile Weise die Fenster und erhalten so die einheitliche Struktur der Fassade.

 


Haus Rudy, © Juliusz Sokołowski, projekt TOPROJEKT


Die Architekten entwarfen das Gebäude so, dass es ohne klare Trennung zwischen Gebäude und Gelände direkt aus dem Boden zu wachsen scheint. Durch die natürliche Patinierung des keramischen Materials verschwimmt die Grenze zwischen Wand und Boden immer mehr, so dass die Farben von Dach und Wänden allmählich ineinander übergehen. Der Entwurf sieht vor, dass das Gründach mit minimalen Eingriffen gepflegt werden kann und sich im Laufe der Zeit in Art und Farbe der Vegetation an die umgebende Landschaft anpasst, so dass ein kohärentes Ganzes mit der natürlichen Umgebung entsteht.

 

Ein weiteres wichtiges Beispiel dafür, wie Architektur zu einer nachhaltigen Entwicklung beitragen kann, ist das Projekt der Grundschule Nr. 400 in Warschau. Diese hochmoderne Bildungseinrichtung wurde mehrfach ausgezeichnet und erhielt eine Reihe renommierter Preise, darunter den ersten Preis im Wettbewerb um den Architekturpreis des Bürgermeisters der Stadt Warschau sowie den Grand Prix im Wettbewerb um den Wienerberger Brick Award 2023. Darüber hinaus wurde das Projekt in der Kategorie „Sharing Public Spaces“ für seinen einzigartigen Beitrag zur Schaffung öffentlicher Räume ausgezeichnet, die die Integration und die gemeinsame Nutzung des städtischen Raums fördern.

 

 © Juliusz Sokołowski, Entwurf von Bujnowski Architekci

 

Der Komplex besteht aus dem Hauptgebäude der Schule, das mit der Sporthalle verbunden ist, und einer eingeschossigen oberirdischen Garage, auf deren Dach sich ein Sportplatz befindet. Herzstück der Anlage ist ein gepflasterter Eingangsplatz, der von den drei Hauptgebäuden umgeben ist und in ein begrüntes Amphitheater übergeht. Um die Gebäude herum befinden sich verschiedene Grünflächen, darunter Naturrasen, Blumenwiesen und Erholungszonen, die mit höheren Pflanzen und Sträuchern durchsetzt sind. Darüber hinaus gibt es auf dem Dach des Hauptgebäudes der Schule eine Dachbegrünung, die zwar nicht in die Bilanz der biologisch aktiven Flächen einfließt, aber ein wichtiges ökologisches Element des Projekts darstellt. Ein Schwerpunkt des Projektes war die Verwendung von langlebigen und zeitlosen Materialien, die möglichst aus der Region bezogen wurden.

 


© Juliusz Sokołowski, Entwurf von Bujnowski Architekci

 

Die visuelle Kohärenz zwischen dem Schulgebäude und der Sporthalle wird durch die dreischichtigen Wände aus klassischen Handformziegeln gewährleistet, die in einer Manufaktur in Kraśnik hergestellt wurden. Desweiteren ergänzen Ziegelelemente, Holzverkleidungen und Außenstürze aus farbigem Fertigbeton das ästhetische Gestaltungskonzept. Für die Garagenkonstruktion, die sowohl eine strukturelle als auch eine dekorative Funktion hat, wurde farbiger Beton verwendet, der vor Ort in Schalungen gegossen wurde.

 


© Juliusz Sokołowski, Entwurf von Bujnowski Architekci

 

Im Zusammenhang mit dem oben genannten Projekt sind auch die Vorteile der Vorfertigungstechnologie zu erwähnen. Es handelt sich um eine Lösung, die eine Reihe von bedeutenden Vorteilen bietet, die bei traditionellen Bauverfahren oft unterschätzt werden. In erster Linie ermöglicht die Vorfertigung eine erhebliche Beschleunigung des Bauprozesses. Durch die Verwendung vorgefertigter Elemente wird das Risiko von Ausführungsfehlern minimiert, was wiederum die Sicherheit auf der Baustelle erhöht. Dies ist besonders wichtig, da jeder Produktionsschritt einer strengen Qualitätskontrolle unterzogen wird, bevor die Elemente auf der Baustelle verwendet werden. Nicht zuletzt ermöglicht die Vorfertigung eine Verlängerung der Bausaison, da die Arbeiten witterungsunabhängig durchgeführt werden können. Der Wegfall von Fugen und Bauschutt auf der Baustelle reduziert die Umweltbelastung erheblich und spart Material. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Bausicherheit.

 

Das Paradebeispiel für den großflächigen Einsatz der Vorfertigung ist sicherlich das Gebäude „Sprzeczna 4“ von BBGK Architekci. Auch dieses Projekt hat zahlreiche Auszeichnungen erhalten, darunter den Preis im Wettbewerb „Polnischer Zement in der Architektur“ und den Architekturpreis des Bürgermeisters der Stadt Warschau. Das Wohngebäude in der Sprzeczna-Straße 4 in Warschau ist ein hervorragendes Beispiel für den modernen Einsatz von Fertigteiltechnologie.

 


© Juliusz Sokołowski, Sprzeczna 4 - Wohnhaus in Fertigbauweise in Warschau, Entwurf: BBGK Architekci


Dank des Knowhows der BBGK-Architekten konnte diese Methode auch auf dem räumlich begrenzten und unregelmäßig geformten Grundstück erfolgreich angewendet werden. Die Montage des Bauwerks dauerte nur viereinhalb Monate, wobei die Module bereits komplett mit Fensteranschlüssen, Lüftungs- und Installationsöffnungen ausgestattet auf die Baustelle geliefert wurden. Es ist zudem erwähnenswert, dass „Sprzeczna 4“ das erste Gebäude ist, das zu 95 Prozent aus Stahlbetonfertigteilen besteht. Bei diesem einzigartigen Gebäude wurde eine durchgefärbte Fassade verwendet, das heißt, die erste sieben Zentimeter dicke Stahlbetonschicht ist komplett rot eingefärbt.

 


© Juliusz Sokołowski, Sprzeczna 4 - Wohnhaus in Fertigbauweise in Warschau, Entwurf: BBGK Architekci


Holz ist ein weiteres Fassadenmaterial, das als nachhaltige Lösung betrachtet werden kann, wenn es verantwortungsvoll beschafft wird. Die umweltfreundliche Verarbeitung und die Verwendung als Teil eines gut durchdachten architektonischen Entwurfs sind der Schlüssel zur Maximierung der Umweltvorteile. Es sollte darauf geachtet werden, Holz mit Umweltzertifikaten wie FSC oder PEFC zu wählen, die garantieren, dass das Material aus nachhaltig und ethisch bewirtschafteten Wäldern stammt. Außerdem ist Holz ein nachwachsender Rohstoff, der während seines Wachstums Kohlendioxid aus der Atmosphäre aufnimmt und so zur Reduzierung der Treibhausgase beiträgt. Dies macht Holz zu einem der umweltfreundlichsten Baustoffe. Im Vergleich zu anderen Baustoffen wie Beton oder Stahl wird bei der Herstellung zudem deutlich weniger Energie verbraucht, was den ökologischen Fußabdruck weiter verkleinert. Entgegen der landläufigen Meinung ist Holz ein sehr langlebiges Material, wenn es richtig gepflegt und vor Feuchtigkeit und Schädlingen geschützt wird. Bei richtiger Pflege kann es viele Generationen überdauern. Es hat natürliche Dämmeigenschaften, die denen anderer üblicher Baumaterialien weit überlegen sind. Dieses Material wurde in einem anderen Projekt verwendet - dem Służewski Kulturzentrum. Es handelt sich um eine dynamische Kultureinrichtung, die in einem Gebäude untergebracht ist, das vom Studio WWAA in Zusammenarbeit mit 137 Kilo entworfen wurde. Der Komplex besteht aus fünf Gebäuden, die in Form, Größe und Material an jene Bauernhöfe erinnern, die Anfang der 1970er Jahre in Służewo zu finden waren. Das Gebiet ist eine ökologische Enklave am Rande eines Wohngebietes. Die charakteristischen, mit Lärchenholzbrettern verkleideten Satteldachhäuser sind von einem Ziegengehege, einer Miniweide und einem kleinen Gemüsegarten mit pädagogischem Charakter umgeben.

 


WWAA, © Juliusz Sokołowski


Herzstück der Anlage ist ein Amphitheater mit Freilichtbühne, das in das Gelände eingelassen ist. Dieses ist mit stufenförmigen Holzbänken für die Zuschauer ausgestattet und bleibt den Blicken der Passanten verborgen. Dank dieses architektonischen Konzepts ist das Amphitheater windgeschützt und bietet den versammelten Zuschauern eine intime Atmosphäre.

 


WWAA, © Jakub Certowicz


Ein weiteres Projekt, bei dem sich die Architekten für Holz entschieden haben, ist die öffentliche Bibliothek in Choszczówka. Für dieses Projekt wurden die Architekten des Studios Ambient bei den PLGBC Polish Green Building Council Awards 2023 in der Kategorie „Bestes grünes Projekt" ausgezeichnet, außerdem erhielten sie eine Auszeichnung beim 10. Warschauer Bürgermeisterpreis in der Kategorie „Architektur für öffentliche Einrichtungen" und einen Preis für „barrierefreie Lösungen".

 


Neue Stadtbibliothek in Choszczówka, Studio Ambient


Das Bibliotheksgebäude zeichnet sich durch eine Holzfassade und individuell gestaltete Details aus, während die Wandverkleidungen und Sperrholzkonstruktionen nach Maß gefertigt wurden. Es ist eines der wenigen öffentlichen Gebäude in Polen, bei dem eine Brettschichtholzkonstruktion sowie vorgefertigte Wand- und Deckenelemente verwendet wurden. Den Planern war es besonders wichtig, den ökologischen Fußabdruck des Gebäudes zu verringern. Bei der Gestaltung der Umgebung des Projekts wurde besonderer Wert auf eine harmonische Koexistenz mit der Natur gelegt.

 


Neue Stadtbibliothek in Choszczówka, Studio Ambient


Um die Auswirkungen auf die Umwelt zu minimieren, wurde eine Außenbeleuchtung mit nach unten gerichteten Leuchten verwendet, um die Lichtverschmutzung zu reduzieren. Für die Bepflanzung wurden einheimische Bäume und Sträucher ausgewählt, die Honig und essbare Früchte für Vögel liefern, und statt des traditionellen Rasens wurde eine Blumenwiese angelegt. Auch auf Zäune wurde verzichtet, damit sich Kleintiere frei bewegen können. Um die wertvollsten Bäume herum wurde die natürliche Umgebung ohne Eingriffe erhalten, was den ökologischen Charakter des Projekts unterstreicht. Im Garten der Bibliothek wurden ein Sommerlesesaal und ein Raum für kulturelle Veranstaltungen wie Filmvorführungen oder Treffen mit Autoren geschaffen. Im Rahmen des Projekts wurden auch innovative Lösungen zur Wassereinsparung umgesetzt. Im Gebäude wurde eine sechs Kubikmeter große Zisterne installiert, die das Regenwasser vom Dach auffängt. Das gesammelte Regenwasser wird dann zur Bewässerung der Vegetation rund um das Gebäude verwendet.

 


Neue Stadtbibliothek in Choszczówka, Studio Ambient


Obwohl Architektur unweigerlich Auswirkungen auf die Umwelt hat, können diese durch den bewussten Einsatz geeigneter Materialien und Bautechniken erheblich reduziert werden. Den Planern kommt in diesem Prozess eine Schlüsselrolle zu, da die Gestaltung unserer Umwelt von ihrem Bewusstsein und ihrer Bereitschaft abhängt, langfristige Auswirkungen zu berücksichtigen. Statt sich für schnelle und einfache Lösungen zu entscheiden, sollten sie jedes Projekt gründlich auf seine Umweltauswirkungen hin untersuchen. Diese verantwortungsvolle Planung ebnet den Weg für die Schaffung von Räumen, die nicht nur funktional und ästhetisch ansprechend sind, sondern auch mit ihrer natürlichen Umgebung harmonieren.

 

Dieser Artikel ist eine übersetzte Bearbeitung des Textes des Originalautors (Anna Domin)

Was wir haben klüger nutzen
Zurück zur Übersicht

A@W Newsletter

Bleiben Sie mit unserem monatlichen Newsletter auf dem Laufenden!

>> Abonnieren

Interesse an Visibilität im Newsletter?

>> Klicken Sie hier

In Kooperation mit

 

 

Medienpartner 2023

 

 

 

Design & Plan